Quelle: terefe.pl
Im Kalender des Portals Dzieje.pl finde ich unter dem Jahr 1848 die Februarrevolution in Paris, die Veröffentlichung des Manifests der Kommunistischen Partei von Marx und Engels und den Slawenkongress in Prag. Er hat nicht vermerkt, dass in der Frankfurter Paulskirche 1848 die Geburtsstunde des deutschen Parlamentarismus gewesen ist. Das deutsche Vorparlament tagte hier im März und April und im Mai die Deutsche Nationalversammlung.
Vor einer Woche nahm ich in der Frankfurter Paulskirche an der Verleihung des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises an den rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis teil, den ich seit 2007 kenne. Die historische Kirche befindet sich nicht weit entfernt von den Hochhäusern aus Beton und Glas, die auf den Ruinen des Frankfurter Stadtzentrums stehen, das im März 1945 mitsamt der Zivilbevölkerung bombardiert wurde.
Laudator Jean Claude Juncker und andere Redner betonten die Bedeutung der Verleihung des Preises an einem für die Demokratie in Deutschland und Europa so bedeutenden Ort durch das Zentrum gegen Vertreibungen, das aus dem Protest gegen die Verdrängung aus dem öffentlichen Gedächtnis der Tragödie der Vertreibung von 15 Millionen Deutschen entstanden ist. Zugleich ist es ein Zeichen des Protests gegen das Schicksal aller heutigen Flüchtlinge und
Vertriebenen, von denen es weltweit mehr als 100 Millionen gibt. Juncker betonte, dass „Vertreibungen immer ein Verbrechen sind" und diejenigen, die sich daran erinnern, auch in Deutschland, „sind keine Revisionisten oder Revanchisten, sondern diejenigen, die den Schutz der Menschenrechte ernst nehmen.“
Es war Juncker, der in Luxemburg den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zur EU unterzeichnete und in diesem Zusammenhang erklärte er, dass dies die Überwindung der „schrecklichen Jalta-Verträge" markiert, die Europa in zwei Welten teilten. Eine dieser schrecklichen alliierten Bestimmungen von Jalta war die Vereinbarung über die sogenannten Bevölkerungstransfers und insbesondere die Vertreibung der Deutschen. Nach Jahrzehnten wurde das europäische Projekt zu einem Friedensprojekt und man begann, an seine weitere Entwicklung zu glauben.
In ihm müssen nationale Minderheiten ein Prüfstein für die Rechtsstaatlichkeit sein. Ziemlich naiv klang dagegen Junckers Überzeugung, dass wir in Europa an der Iohannis’schen Auffassung festhalten, dass Demokratie nur dann eine Demokratie ist, wenn sie die Minderheiten respektiert und ihre Sprachen schützt. Daher konzentrierte sich Präsident Johannis nicht auf seine eigenen Verdienste, sondern auf die rumänische Politik der Toleranz gegenüber Minderheiten und den Krieg in der Ukraine, der vor allem Westeuropa überrascht hat und der bereits geprägt ist von Millionen ausgesiedelter und vertriebener Menschen und sogar von Kindern, die ihnen weggenommen wurden.
Das Bewusstsein für den Vorrang der Menschenrechte erfüllte feierlich die Paulskirche. Leider stand es für mich, der ich jeden Tag mit ihrer Verletzung zu kämpfen habe, im Widerspruch zur Realität in Polen, Griechenland und vor allem in der Ukraine, die jetzt von den Wassern eines gesprengten Staudamms überflutet wird.