Weiterhin relevante Erinnerung

Weiterhin relevante Erinnerung

Ende letzter Woche habe ich an zwei ähnlichen Veranstaltungen teilgenommen, die (meiner Meinung nach) trotz ihres Bezuges zur Vergangenheit wegen des Zusammenhangs mit der politischen Situation eine aktuelle Bedeutung erlangt haben.

In Königshütte wurde eine Gedenktafel für die Opfer des Sicherheitsapparates der Nachkriegszeit enthüllt, die im Keller des heutigen ZUS-Gebäudes gefoltert und ermordet wurden. Die Inschrift lautet: „Zum Gedenken an die Opfer der oberschlesischen Tragödie 1945 und der kommunistischen Verbrechen von 1945-1989″. Kritisiert werden sowohl der Standort (die Mauer hinter dem Gebäude) als auch der Inhalt, der nicht deutlich macht, dass es sich bei den Tätern um Polen und die Strukturen des polnischen Staates handelt. Dennoch sollte man Herrn Jerzy Bogacki danken, der, 11 Jahre lang von polnischen Behörden vertröstet, sein Ziel erreichte. Obwohl er zu Kompromissen gezwungen war, haben nun auch die Opfer des damaligen Einmarsches der polnischen Verwaltung in Schlesien ihre Gedenktafel in Königshütte. Ich bin froh, dass ich ihn in der letzten Phase seiner Bemühungen unterstützen konnte.

In meiner Rede habe ich als Vertreter der deutschen Minderheiten aus vielen europäischen Ländern darauf hingewiesen, dass die oberschlesische Tragödie Teil „der Nachkriegs-Hölle der deutschen Zivilbevölkerung war. Dass sie sich auch in Pommern, Ost- und Westpreußen, aber auch im gesamten Gebiet vom Balkan bis zur Ostsee und von der Oder bis Kamtschatka abspielte.“ Und diese Tatsache war Teil des „Tages der Heimat“, den der Bund der Vertriebenen am Samstag in Berlin veranstaltete und der an diese Tragödie in einer breiten europäischen Perspektive erinnert. Schon im Titel „Krieg und Vertreibung – Geißeln der Menschheit“ und in der Rede des ukrainischen Botschafters wurde auf die gegenwärtige Aggression Russlands und ihre Folgen für die kommenden Jahre hingewiesen.

Dort wurde zwar anders formuliert, aber ich hörte wiederholt, was ich in Chorzow über die Gefahren der fehlenden Demokratie sagte: „Und deshalb wurden, während westlich der Elbe der Frieden gefeiert wurde, hier in Königshütte, Siemianowitz, Lamsdorf, Auschwitz, Potulitz Menschen ohne Urteil in Arbeitslagern inhaftiert, in die UdSSR deportiert, Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, verhungert oder vergewaltigt. (…) Angesichts des Krieges in der Ukraine können wir Verbrechen nicht mit Rache rechtfertigen und andere moralische Maßstäbe dulden.“ Und die moderne Gegenmaßnahme ist die Verteidigung der Demokratie. Östlich von uns wird sie von der Ukraine blutig verteidigt und deshalb ist ihre Unterstützung die Staatsräson der freien Welt. Aber man darf auch nicht die Augen verschließen, wenn Kinder in polnischen Schulen sprachlich diskriminiert werden. Denn es fängt immer mit kleinen Schritten an.

Bernard Gaida

Skip to content