Brief des Vorsitzenden des VdG in Polen an Schulen, an denen Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet wird

Brief des Vorsitzenden des VdG in Polen an Schulen, an denen Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet wird

Sehr geehrte Damen und Herren,

das am 2. September beginnende Schuljahr 2024/2025 wird nach zwei Jahren der Diskriminierung von rund 60.000 Kindern, die am Unterricht Deutsch als Minderheitensprache teilgenommen haben, das erste Jahr sein, in dem diese Kinder wieder die gleichen Rechte haben werden wie Kinder, die die Sprachen der anderen nationalen und ethnischen Minderheiten in Polen lernen.

Wir freuen uns, dass die Bildungsministerin mit einer ihrer ersten Entscheidungen bereits zu Beginn dieses Kalenderjahres die Rechtslage wiederhergestellt hat, gemäß derer die Kinder der deutschen Minderheit wieder Zugang zu mindestens 3 Unterrichtsstunden Minderheitensprache pro Woche haben werden. Gleichzeitig sind wir uns dessen bewusst, dass mit dieser Änderung nicht alle Probleme verschwinden werden, die in den Schulen durch die diskriminierenden gesetzlichen Lösungen entstanden sind. So wird das Problem des Mangels an Deutschlehrern, von dem wir von vielen Gemeinden hören, nicht verschwinden. Es wird auch nicht das Problem des „Prestiges“ der Sprache verschwinden, die in den letzten Jahren den Kindern, aber auch den Erwachsenen, als weniger wichtig, als unwichtig dargestellt wurde. Es wird auch nicht das Problem des Deutschunterrichts in den Klassen 7 und 8 der Grundschule verschwinden, das darauf zurückzuführen ist, dass es aufgrund einer negativen Interpretation des Gesetzes verboten wurde, den Unterricht Deutsch als Fremdsprache mit dem Unterricht Deutsch als Minderheitensprache zu verbinden.

An dieser Stelle möchte ich allen Gemeindevorstehern, Bürgermeistern und vor allem den Schulleitern danken, die in den letzten zwei Jahren verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der Deutschstunden in den Schulen ergriffen und dafür gesorgt haben, dass die Deutschlehrer nicht arbeitslos geworden sind. Ich versichere Ihnen auch, dass wir mit dem Bildungsministerium im Gespräch sind, um nach Lösungen für den Unterricht in den Klassen 7 und 8 der Grundschule sowie für den Unterricht Deutsch als Minderheitensprache im Allgemeinen zu suchen. In einer Zeit der Globalisierung wird die Bedeutung von Sprachkenntnissen immer größer. Die Englischkenntnisse gelten immer häufiger als selbstverständliche Sprachkompetenz, aber erst die Kenntnis einer weiteren Sprache wird als echter Vorteil auf dem Arbeitsmarkt angesehen und führt dazu, dass eine Region, in der zweisprachige Menschen leben, als wirtschaftlich attraktiver betrachtet wird.

Ein natürlicher Vorteil von Regionen, die von nationalen und ethnischen Minderheiten bewohnt werden, ist ihre sprachliche und kulturelle Vielfalt. Wir sehen jedoch, dass nach der Zeit der Volksrepublik Polen, in der die Sprachvermittlung zu Hause unterbrochen und der Deutschunterricht in den Schulen in vielen Regionen verboten wurde, in den letzten Jahren zu der negativen Haltung der Regierenden gegenüber der Sprache noch ein Rückgang des Prestiges und der Bedeutung dieser Sprache hinzugekommen ist. All dies hat zur Folge, dass dieses regionale Gut, das zweifellos die Kenntnis der deutschen Sprache und Kultur ausmacht, heute ernsthaft bedroht ist.

Ich danke Ihnen für Ihr Engagement für die deutsche Sprache und möchte Sie weiterhin ermuntern, sich mit dem außerschulischen Angebot der Organisation der deutschen Minderheit vertraut zu machen, das Sie u.a. auf der Bildungsplattform der DMi finden: www.supereule.pl. Auf dieser Plattform finden Sie auch ein umfangreiches Angebot an Aktivitäten, Workshops, Wettbewerben und Schulungen für alle Altersgruppen sowie Bestimmungen der polnischen und europäischen Gesetzgebung mit Kommentaren zur Gestaltung des Minderheitenunterrichts und Informationen zu aktuellen Problemen und Themen im Bildungsbereich.

Ich wünsche Ihnen ein befriedigendes und erfolgreiches neues Schuljahr für Sie und Ihre Schüler. Vor allem aber wünsche ich Ihnen die Ruhe und Gelassenheit, die im Bildungswesen so wichtig sind und die in den letzten Jahren aufgrund der ständigen Veränderungen und Reformen im Bildungswesen so sehr gefehlt haben.

Mit freundlichen Grüßen

Rafał Bartek

Vorsitzender des Verbandes

 

Brief des VdG-Vorsitzenden an Schulen mit Deutsch als Minderheitensprache
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