Im Zusammenhang mit dem letzten Beschluss des polnischen Ministeriums für BIldung und Wissenschaft vom 4. Februar 2022 zur Begrenzung des Stundenumfangs von Deutsch als Minderheitensprache hat am 9. Februar 2022 der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen eine Beschwerde an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geschickt:
Der Unterricht einer Minderheitensprache basiert sowohl auf innerstaatlichen gesetzlichen Regelungen als auch auf internationalen Regelungen des Europarates. Im Zusammenhang mit den vom Sejm und der Regierung der Republik Polen angenommenen Beschlüssen haben wir es mit einer eindeutigen Diskriminierung von Bürgern aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zu tun, mit der Nichteinhaltung der Artikel der polnischen Verfassung, der „Rahmenkonvention für den Schutz nationaler Minderheiten“ und der „Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen“. Die Berichte des Sachverständigenausschusses des Europarats über die Umsetzung der Verpflichtungen aus europäischen Vorschriften in Polen weisen regelmäßig auf erhebliche Mängel in der Minderheitenbildung hin. Alle Empfehlungen des Ministerkomitees beweisen, dass Polen viele der Verpflichtungen bezüglich des Unterrichts der Minderheitensprache, zu deren Umsetzung es sich freiwillig bereit erklärt hat, noch immer nicht erfüllt hat.
Deutsche in Polen haben als nationale Minderheit das Recht auf das Bildungssystem in der Minderheitensprache. Minderheitenpädagogik, verstanden als wesentlicher Bestandteil der nationalen, sprachlichen und kulturellen Identität, sollte gerade angesichts des langjährigen Deutschunterrichtsverbots, kultureller Diskriminierung und der damals noch fehlenden rechtlichen Anerkennung der deutschen Minderheit in der Volksrepublik Polen unterstützt werden. Trotz dieser Diskriminierung verpflichtete sich das damalige Polen bereits 1975 in Helsinki in der Schlussakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, das Recht der Angehörigen von Minderheiten auf Gleichheit vor dem Gesetz zu respektieren und ihnen die Möglichkeit des effektiven Genusses der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten haben beschlossen, den Beitrag anzuerkennen, den nationale Minderheiten zur Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen der Kultur leisten können, unter Berücksichtigung der legitimen Interessen der Angehörigen dieser Minderheiten. (…)
Die Republik Polen ist auch Unterzeichner der Charta von Paris für ein neues Europa von 1990. Diese Karte wurde zum Symbol der offiziellen Schließung der Divisionen auf dem europäischen Kontinent. Die Rechte nationaler und ethnischer Minderheiten schwingen in diesem Dokument sehr deutlich mit: „Wir bekräftigen, dass die ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität nationaler Minderheiten geschützt werden muss und Angehörige nationaler Minderheiten das Recht haben, diese Identität frei auszudrücken, zu bewahren und zu entwickeln, ohne Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz.“ Durch den Beschluss des Kultusministers vom 4. Februar verlor die deutsche Minderheit diese Gleichberechtigung vor dem Gesetz.
Die Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen ist im Kontext der polnischen OSZE-Präsidentschaft besonders unverständlich. Als Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften zählen wir besonders auf das Verständnis für die Situation der deutschen Minderheit und konkrete Maßnahmen des polnischen Außenministers Zbigniew Rau, der die Arbeit der OSZE leitet und als eine der Prioritäten dieser Arbeit betrachtet, Menschenrechte und Grundfreiheiten zu fördern und zu schützen. Wir können uns nur schwer vorstellen, dass eine solche diskriminierende Bestimmung in Polen in Kraft sein könnte. (…)
Dem Brief wurde auch die Stellung des VdG angesichts der gesetzlichen Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen beigefügt. Vollen Inhalt des Briefes an die OSZE (in englischer Sprachversion) lesen Sie HIER.
Die Stellung des VdG in englischer Sprachversion ist HIER zu sehen.