Am 29. November 2022 wurde vor dem Tor des Lagers „Zgoda“ in Schwientochlowitz ein Modell enthüllt, das Gebäude darstellt, die sich ursprünglich im Lager befanden und bis heute nicht erhalten sind: Baracken, Wachtürme, Appellplatz und andere Objekte. Von dem seit 1942 als einer der Außenstellen des Lagers Auschwitz-Birkenau bestehenden und nach dem Krieg als kommunistisches Lager, das dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstellt war, ist bis heute nur das Tor erhalten geblieben. Die Initiative also, ein Modell vor dem Tor anzubringen, das die Größe des gesamten Komplexes veranschaulicht, scheint aus erinnerungspolitischer Sicht am angemessensten zu sein. Die in seiner Beschreibung verwendeten Wörter rufen jedoch Kontroversen hervor.
Das Modell wird sowohl auf Polnisch als auch auf Deutsch mit einem kurzen Satz beschrieben: „Das Lager zweier Totalitarismen – des deutschen und des kommunistischen“. Die Worte, die in einer solchen Gegenüberstellung verwendet wurden, haben lokale Kreisen in Erstaunen gesetzt: „Wir sind mit dieser einseitigen Botschaft nicht einverstanden. (…) Schließlich schreibt man über sowjetische Verbrechen, nicht über russische, denn die Opfer der Sowjets waren auch Russen; man schreibt nicht über polnische Verbrechen, sondern über polnische Kommunisten, weil ihre Opfer auch Polen waren“, lesen wir in der offiziellen Stellungnahme des Deutschen Freundschaftskreises in Schlesien.
Wenn es um das Gedenken geht, gerade an Orten, die für mehrere Gemeinschaften von Bedeutung sind, zählt jedes Wort. Im Folgenden präsentieren wir den vollständigen Inhalt der Stellungnahme des DFK Schlesien in der Hoffnung, dass diese Stimme erhört wird.
Stellungsnahme des Deutschen Freundschaftskreises zur Enthüllung der Attrappe beim Tor des Lagers „Zgoda” in Schwientochlowitz
Seit vielen Jahren, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, kümmern sich Angehörige der deutschen Minderheit und regionale schlesische Organisationen um diese Stelle. Wir bemühen uns den Opfern jedes Jahr mit zahlreichen Feierlichkeiten ein würdiges Gedenken zu bereiten. Diese Tatsache ist unserer Meinung nach nicht nur in den Landesmedien sichtbar, sondern auch im Ausland. In dieser Hinsicht können die Aktivitäten des Ehrenkomitees und der spirituell mit der Gedenkstätte verbundenen Kreisen eine beachtliche dokumentierte Leistung vorweisen.
Heute haben wir gemeinsam mit Vertretern der schlesischen Autonomiebewegung und „Ślonskiej Ferajny“ an der Enthüllung des Modells des Lagers teilgenommen. Leider wurde die Beschreibung des Modells nicht geändert und stellt nur eine “polnische” Sichtweise dar. Wir sind mit dieser einseitigen Botschaft nicht einverstanden. Unserer Meinung nach handelt es sich um eine schwerwiegende Manipulation und Schändung des Gedenkens an die Opfer. Die in diesem Fall gewählte Terminologie ist eine Folge der historischen Politik und verfolgt unseres Erachtens von oben herab das Ziel, die deutsch-polnischen sowie die polnisch-europäischen Beziehungen zu belasten. Seit einigen Jahren sehen wir von uns das unverständliche konsequente Handeln und die Anwendung eines heidnischen Konzepts von Schuld und kollektiver Verantwortung, das das Christentum nicht kennt. Eine solche Identifizierung eines gemeinsamen Feindes und die Projektion dieses Feindes und Bösewichts zielt natürlich darauf ab, die Gesellschaft unter dem Deckmantel des Nationalismus zu konsolidieren, und ist ein Beispiel für eine berechnende Politik, wie sie für totalitäre Staaten mit nationalem Manichäismus typisch ist.
Bei der Beschreibung des Modells des Lagers „Zgoda” kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um einen Verweis auf die Ideologie und die Methoden der sozialtechnischen Manipulation handelt, die von den Mitarbeitern der Geheimpolizei in den 1960er Jahren angewandt wurden, nur dass er jetzt unverblümter ist, denn selbst in der Volksrepublik Polen, insbesondere nach dem Fall von Gomułka und der Unterzeichnung des Warschauer Pakts 1970 sowie der Aufnahme von Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland, wurde dieses Narrativ abgemildert und eine begriffliche Unterscheidung zwischen den Adjektiven deutsch, nationalsozialistisch und nazistisch getroffen. Logisch, wenn deutsch, warum nicht österreichisch? Immerhin waren viele der Verbrecher, wie der Kommandant des Lagers Płaszów, Österreicher? Schließlich schreibt man über sowjetische Verbrechen, nicht über russische, denn die Opfer der Sowjets waren auch Russen, man schreibt nicht über polnische Verbrechen, nur über polnische Kommunisten, denn deren Opfer waren auch Polen.
In diesem Sinne protestieren wir gegen den Ausschluss der sozialen Seite von weiteren Aktivitäten im Zusammenhang mit der Zukunft des Lagers „Zgoda”. Gleichzeitig fordern wir, dass die Aufschrift auf dem Modell geändert wird in: “…Nazi und Kommunist…”.
Quelle: Deutscher Freundschaftskreis in der Woiwodschaft Schlesien
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