Rede von Rafał Bartek bei der Eröffnung des Nichtöffentlichen Katholischen Kindergartens mit dem Unterricht Deutsch als Minderheitensprache in Chronstau

Rede von Rafał Bartek bei der Eröffnung des Nichtöffentlichen Katholischen Kindergartens mit dem Unterricht Deutsch als Minderheitensprache in Chronstau

Heute ist ein besonderer Tag für uns, für unsere lokale Gemeinschaft. Wir eröffnen offiziell einen Ort, den es nicht mehr geben sollte; einen Ort, der so stark mit dieser Ortschaft verbunden ist, mit ihrer Identität, ihrer Vergangenheit und ihrer Gegenwart, dass er auch in Zukunft einfach nicht fehlen darf.

Ein herzliches Willkommen an alle geladenen Gäste, Schwestern der Ordensgemeinschaft, Priester aus den Nachbargemeinden, Schulleiter befreundeter Bildungseinrichtungen, Ortsvorsteher, Stadt- und Gemeinderäte, Vorsitzende des DFK-Kreises, unsere Sponsoren und Wohltäter, Mitglieder des Vereins „WUNDER“. Wir heißen Eltern, Kinder und Absolventen des Kindergartens willkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, „Ochronka“ ist nicht nur eine Geschichte, die Sie in unseren Broschüren lesen können, „Ochronka“ ist ein Stück unseres Lebens. Agnieszka und ich haben uns gerade hier kennengelernt.

Sie ist Polin und ich bin ein schlesischer Deutscher und das hat uns nie gestört, im Gegenteil, es hat Offenheit, Interesse und schließlich Freundschaft entstehen lassen. Was uns hierher gebracht hat und was uns veranlasst hat, unsere Kinder der Obhut der Schwestern von “Ochronka” anzuvertrauen, war die Überzeugung, dass unseren Kindern mehr gegeben werden musste als nur schöne Wände und schöne Spielzeuge. Obwohl wir unterschiedlich waren und sind, und Przemek (Agnieszkas Ehemann) sich wunderte, dass ich mit den Kindern nur Deutsch spreche, wussten wir, dass die Werte, für die wir uns einsetzen, keine sprachlichen oder kulturellen Unterschiede kannten. Wir wussten, dass dieser Ort etwas Besonderes ist.

Als die Schwestern ihre Pläne bekannt gaben, das Kloster und den Kindergarten im Herbst 2021 zu schließen, entstand in uns eine natürliche innere Traurigkeit und ein Widerstand. Denn niemand von uns konnte sich vorstellen, dass das Gebäude leer stehen würde oder dass sich darin etwas anderes als ein Kindergarten befinden würde. Wir waren überzeugt, dass alles getan werden musste, um den Ort und seinen Geist zu retten. Damals ahnten wir natürlich noch nicht, wie schwierig die Aufgabe sein würde und wie viele Anstrengungen und schlaflose Nächte sie uns kosten würde. Was uns jedoch aufbaute und bis heute aufbaut, ist das Engagement der Eltern, der Gemeindemitglieder, aber auch der Schwestern, die uns das Gebäude zur Verfügung gestellt und die Betreuung durch Schwester Natalia gewährleistet haben und uns nicht allein gelassen haben.

Ein neuer Kindergarten bedeutet nicht nur neue Wände, Räume und Ausstattung. Ein neuer Kindergarten ist auch ein Neuanfang, der dank all derer möglich wurde, die den lokalen Verein „Bildungsgesellschaft Chronstau WUNDER“ gegründet haben und die unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Identität deutlich gemacht haben, dass wir wollen, dass unsere Kinder die Möglichkeit haben, in einer katholischen und zweisprachigen Einrichtung erzogen zu werden. Wir erinnern uns an die Diskussionen bei den ersten Vorstandssitzungen, als die Frage gestellt wurde, ob wir das schaffen wollten, und die Antwort war ein eindeutiges Ja!

Die Gründung einer solchen Einrichtung in so kurzer Zeit wäre ohne die Unterstützung durch die deutsche Regierung nicht möglich gewesen. Und das ist keine geringe Unterstützung, denn der Umbau und die komplexe Sanierung dieser Einrichtung kostete knapp 4 Millionen Zloty. An dieser Stelle möchten wir der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Frau Natalie Pawlik, unseren besonderen Dank aussprechen! Wir möchten der Beauftragten auch versichern, dass dieses Geld sehr gut angelegt ist, denn nichts trägt mehr zur deutsch-polnischen Verständigung bei als solche Bildungseinrichtung. Außerdem ist sie in ihrem Charakter absolut einzigartig, denn sie ist der erste katholische und zweisprachige Kindergarten in Polen. Aber so ist unsere Region nun mal – offen und vielfältig, reich an Identität, Geschichte und Gegenwart. Wir trennen die Kinder hier nicht, wir bereichern sie mit unserem Anderssein, denn, wie Erzbischof Nossol immer sagt: “Andersartigkeit ist keine Fremdartigkeit. Das Anderssein darf keine Fremdartigkeit sein. Es soll eine Bereicherung sein”.

 

Rafał Bartek

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