Nach einer gewissen Sommerflaute ist es inzwischen fast unglaublich, wie viel an einem Tag passieren kann. So war es auch am Montag. An solchen Tagen zeigt sich, was die deutsche Minderheit de facto ist, wenn sie schon morgens ein Gespräch mit einem Berliner Ministerium verlangt und kurz darauf acht Leute aus Oppeln, Gleiwitz, Ratibor, Liegnitz, Neustadt/WP und Köslin für ein paar Stunden zusammenkommen, um sich mit dem Schriftverkehr mit Ministerien in Warschau und den Episkopaten Polens und Deutschlands zu befassen, mit einer Exhumierung des Massengrabes in Potulitz, dem nächstjährigen Kulturfestival der deutschen Minderheit, der HEIMAT-Beilage in der Oppelner NTO nach dem Eigentümerwechsel, den Antworten deutscher Bundestagskandidaten auf Fragen des VdG und vielen anderen Themen.
Am späten Nachmittag war es mir als Vorsitzender der AGDM eine Freude, die Politiker zu begrüßen, die sich heute bereit erklärt haben, an der FUEN-Debatte über die deutschen Minderheiten in Europa teilzunehmen, und es waren gleich sechs, die ebenso viele Parteien vertraten. In der Debatte selbst erinnerte Vladimir Ham aus Kroatien daran, dass die AGDM in ihrer Resolution vor zwei Jahren auf die unzureichenden Mittel hingewiesen hat, die Deutschland insgesamt für die in Europa lebenden deutschen Minderheiten bereitstellt, wobei es uns nicht nur um eine Aufstockung der Mittel ging, sondern auch um die Möglichkeit, neue Wege der Unterstützung zu erschließen. Insbesondere in Bezug auf die Bildung. Damals waren die Kosten der Pandemie natürlich noch nicht berücksichtigt, sodass die heutigen Antworten einigermaßen zufriedenstellend sind, denn sie zeigen, dass trotz dieser Kosten keine Partei der Meinung ist, dass diese Mittel gekürzt werden sollten. Die Chance, sie zu erhöhen, wenn es denn eine gab, war in den Antworten eher versteckt.
Ich persönlich war sehr erfreut über die Reaktion auf eine von mir bereits unterzeichnete und an den Bundestag gerichtete Forderung, einen parlamentarischen Ausschuss einzurichten, der sich dauerhaft mit diesem Thema befasst, zusammen mit Vertretern der AGDM und der deutschen Minderheiten selbst. Die ehrliche Antwort, dass ein solcher ständiger Ausschuss allenfalls über das Thema reden würde, hätte entmutigend wirken können, wenn sich die Politiker nicht darauf geeinigt hätten, dass ein besserer Weg darin bestünde, die Position des Bundesbeauftragten für nationale Minderheiten deutlich zu stärken und das Prinzip der ständigen Konsultation der deutschen Minderheiten in einem parteiübergreifenden Kreis, der verschiedene Bundestagsausschüsse verbindet, zu übernehmen.
Es scheint ein Konsens erreicht worden zu sein, an den wir nach den Wahlen unbedingt erinnern werden. Als ich dann am Abend meiner wichtigsten Aufgabe nachkam, nämlich bei meinen Enkeln zu sein, fühlte ich mich durchaus zufrieden mit dem Tag.
Bernard Gaida