Der Vorstand des Verbandes der deutschen sozial-kultureller Gesellschaften in Polen möchte mit dieser Stellungnahme seine Solidarität mit den Polen in Belarus zum Ausdruck bringen, für die das Erlernen der polnischen Sprache in den öffentlichen Schulen, in denen bislang Polnisch die Unterrichtssprache gewesen ist, auf eine Stunde pro Woche beschränkt wird. Die Existenz solcher Schulen in Belarus wurde von der deutschen Minderheit in Polen immer wieder als Beispiel für richtig verstandene und im Geiste der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen umgesetzte Bildung für die einheimische nationale Minderheit angeführt, denn im polnischem Bildungssystem gibt es vergleichbare Schulen für die einheimische deutsche Minderheit nicht. Daher betrachten wir die Absicht, diese Schulen praktisch zu liquidieren und sie in Schulen mit russischer Unterrichtssprache und einer zusätzlichen Stunde pro Woche polnische Sprache und Literatur umzuwandeln, als einen dramatischen Rückschritt der Minderheitenbildung in Belarus und werden die dort lebenden Polen in jeglicher möglicher Form unterstützen, die darauf abzielt, das aktuelle, hohe Niveau dieser Bildung zu halten. Wir stimmen der Erklärung des polnischen Außenministeriums vom 8. April 2022 zu, in der wir lesen: „Diese Maßnahme widerspricht den internationalen Vereinbarungen und Verpflichtungen von Belarus, da sie das unveräußerliche Recht der polnischen Minderheit auf Wahrung ihres Rechts verletzt, kulturelle Identität zu pflegen und Minderheitensprache zu lernen sowie in der Minderheitensprache unterrichtet zu werden.“
Wir verstehen diese Empörung, Bitterkeit und Befürchtungen über die nationale Identität der Polen in Belarus in Bezug auf Bildung, zumal auch die deutsche Volksgruppe in Polen von einer drastischen Reduzierung der Stundenzahl für die deutsche Sprache auf eine Unterrichtsstunde pro Woche aufgrund der Bildungsminister-Verordnung betroffen sein soll, die dieses Jahr ab dem 1.09. gelten soll. Wir teilen die Überzeugung, dass das verborgene Ziel der Verschlechterung der Bildung von Minderheiten das Streben nach einer schnelleren Assimilation autochthoner nationaler Minderheiten ist, was die Menschenrechte und die Würde der Angehörigen nationaler Minderheiten verletzt, unabhängig davon, in welchem Land sie leben.
Wir stehen auf der Seite Polens in Belarus und fordern die Regierungen beider Länder auf, die angekündigten Maßnahmen einzustellen, die das Bildungsangebot für Polen in Belarus und Deutsche in Polen verschlechtern, und wir glauben, dass in beiden Ländern noch Zeit ist, darauf zu verzichten, ohne dem gesamten System Schaden zu zufügen. Wir freuen uns über die Worte „Das Außenministerium erkennt das Vorgehen gegen die Bildung der polnischen Minderheit in Belarus als einen inakzeptablen Verstoß gegen das Völkerrecht an“ und wir hoffen, dass dies die Meinung der gesamten Regierung der Republik Polen samt des Bildungsministeriums ist. Wir raten dazu, die Bemühungen der zuständigen Ministerien auf den Weg der notwendigen Verbesserung des Minderheitensprachenunterrichts zu lenken, der dazu dient, den Reichtum der kulturellen Vielfalt, der europäischen Werte und der Förderung der Menschenrechte zu erhalten.
Bernard Gaida
Vorsitzender des VdG in Polen
Oppeln, den 11. April 2022
Der Text in Originalform ist HIER zu lesen (in polnischer Sprachversion).