Wiedereinführung der drei Stunden von Deutsch als Minderheitensprache ab dem zweiten Semester des laufenden Schuljahres 2023/2024

Wiedereinführung der drei Stunden von Deutsch als Minderheitensprache ab dem zweiten Semester des laufenden Schuljahres 2023/2024

Schreiben von Marcin Wiącek, dem Bürgerbeauftragten, an Frau Barbara Nowacka, Bildungsministerin:

Sehr geehrte Frau Ministerin,

 

hiermit möchte ich in Bezug auf das Schreiben vom 29. Dezember 2023 meine Anmerkungen zum Entwurf der Verordnung des Bildungsministers zur Änderung der Verordnung des Bildungsministers vom 18. August 2017 über die Bedingungen und die Art und Weise der Aufgabenerfüllung von Kindergärten, Schulen und öffentlichen Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung des Gefühls der nationalen, ethnischen und sprachlichen Identität von Schülern dienen, die nationalen und ethnischen Minderheiten und Gemeinschaften angehören, die eine Regionalsprache sprechen (im Folgenden: „Änderungsverordnung“), und zum Entwurf des Anhangs Nr. 3 der Änderungsverordnung vorlegen.

In bisherigen Schreiben an das Bildungsministerium habe ich auf die Notwendigkeit hingewiesen, die drei Unterrichtsstunden von Deutsch als Minderheitensprache im Rahmen des Zusatzunterrichts, auf einer mit anderen Minderheiten gleichberechtigten Grundlage wieder einzuführen. Aus diesem Grund habe ich keine Einwände gegen die in der Änderungsverordnung und ihrem Anhang 3 enthaltenen Lösungen.

Mein Vorbehalt bezieht sich jedoch auf das Datum des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Änderungen. Die Verordnung vom 4. Februar 2022 führt zu einem Verstoß gegen den verfassungs- und völkerrechtlichen Standard des positiven staatlichen Handelns zur Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Identität. Deshalb sollte die Aufhebung der Wirkungen des Inkrafttretens dieser Verordnung sofort – ab dem zweiten Semester des laufenden Schuljahres 2023/2024 – erfolgen.

Es ist bemerkenswert, dass trotz der Reduzierung der wöchentlichen Stundenanzahl von Deutsch als Minderheitensprache die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die erklärt haben, diese Sprache als ihre eigene lernen zu wollen, nicht zurückgegangen ist. Im Gegenteil, im Jahr 2022 waren es 48,5 Tausend und im Jahr 2023 54,6 Tausend Menschen.

Nach den verfügbaren Daten haben einige lokale Behörden versucht, den Bildungsbedarf von Kindern und Jugendlichen, die der deutschen Minderheit angehören, selbst zu befriedigen. Dies führt in Verbindung mit der Verringerung der Berechnungsgewichte für die Förderung von Schülerinnen und Schülern, die an Deutschunterricht als Minderheitensprache in einer zusätzlichen Form teilnehmen, zu einer erheblichen finanziellen Belastung für die lokalen Behörden. Aus den von dem Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen durchgeführten Umfragen geht hervor, dass im Schuljahr 2022/2023 in 19 Gemeinden in der Woiwodschaft Oppeln und nur in einer Gemeinde in der Woiwodschaft Schlesien die finanzielle Unterstützung das volle Unterrichtsangebot, d.h. drei Unterrichsstunden von Deutsch pro Woche, ermöglicht hat.

Die negativen sozialen Auswirkungen, die durch die Einschränkung des Rechts der deutschen Minderheit auf das Erlernen der eigenen Sprache verursacht werden, werden mit der Zeit immer schwerer rückgängig zu machen sein. Trotz des ausdrücklichen Willens, die eigene Sprache zu erlernen, wird den Kindern und Jugendlichen der deutschen Minderheit seit fast eineinhalb Jahren die Möglichkeit genommen, an drei Unterrichtsstunden Deutsch als Minderheitensprache wöchentlich teilzunehmen. Dies wirkt sich vor allem auf die Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Identität dieser Minderheit negativ aus. Die Wiedereinführung des Deutschunterrichts bis zum 31. August 2022 und auf einer mit anderen Minderheiten gleichberechtigten Grundlage sollte daher meiner Meinung nach sofort, noch im laufenden Schuljahr, erfolgen.

Die Wiedereinführung der Unterrichtsstunden von Deutsch als eigene Sprache in Form des Zusatzunterrichts während des Schuljahres kann für die Schulen organisatorische Herausforderungen mit sich bringen. Es ist jedoch anzumerken, dass die Schulleiter die Möglichkeit haben, die erforderlichen Änderungen am Organisationsplan während des Schuljahres (auch nach dem 30. September) vorzunehmen, indem sie das genehmigte Dokument als Anhang beifügen. Eine solche Möglichkeit erscheint besonders gerechtfertigt angesichts der Tatsache, dass ab dem 1. September 2022 rechtliche und organisatorische Lösungen beibehalten werden, die die Diskriminierung der deutschen Minderheit beim Zugang zum Erlernen ihrer eigenen Sprache darstellen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass in der Liste der Gesetzesfolgenabschätzung mit den konsultierten Sozialpartnern die Organisationen der nationalen und ethnischen Minderheiten in Polen fehlen. Aufgrund des Gewichts und der Bedeutung der in der Änderungsverordnung vorgesehenen Regelungen ist es erforderlich, die Vertreter der Organisationen der nationalen und ethnischen Minderheiten – insbesondere der deutschen Minderheit – auch im Rahmen der Beratungen mit den Sozialpartnern und nicht nur im Rahmen der Beratungen der Gemeinsamen Kommission der Regierung und der nationalen und ethnischen Minderheiten anzuhören.

In Anbetracht der obigen Ausführungen bitte ich Sie, meinen Standpunkt in einer weiteren Phase Ihrer legislativen Arbeit zu berücksichtigen.

 

Mit freundlichen Grüßen
Marcin Wiącek
Bürgerbeauftragter

 

Die originelle Form des Schreibens (in der polnischen Sprache) können Sie hier lesen.

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