Sehr geehrte Frau Ministerin,
als Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen beglückwünsche ich Sie zu Ihrer Wahl zur Bildungsministerin und drücke gleichzeitig die tiefe Hoffnung aus, dass Ihre Aktivitäten im Bereich der Sorge um die Bildungsrechte der Kinder der deutschen Minderheit fortgesetzt werden.
Wie Sie wissen, wurde mit Beginn des Schuljahres 2022/2023 eine für Kinder der deutschen Minderheit diskriminierende Verordnung für den Unterricht in der Minderheitensprache an polnischen Schulen eingeführt. Ab dem 1. September 2022 wird der Unterricht von drei auf eine Stunde pro Woche reduziert, und zwar auf der Grundlage der Verordnung des Ministers für Bildung und Wissenschaft vom 4. Februar 2022 und nachfolgender Rechtsvorschriften. Im Anschluss an Ihr bisheriges Engagement in dieser Sache bitte ich Sie im Namen der 55.000 Kinder der deutschen Minderheit, diese Verordnung aufzuheben. Wir möchten Ihnen für Ihre Bemühungen und Ihre bisherige Arbeit im Ausschuss danken, zusammen mit Krystyna Szumilas und Ryszard Galla, die die Verfahren zur Einführung dieser Verordnung im Ministerium für Bildung und Wissenschaft überwacht haben. Ich danke Ihnen, dass Sie bei Minister Czarnek interveniert und ein Schreiben eingereicht haben, in dem Sie die Aufhebung dieser Verordnung gefordert haben. In den vergangenen zwei Jahren haben wir in zahlreichen Schreiben an den Minister, den Premierminister oder den Präsidenten unter anderem darauf hingewiesen, dass die derzeitige Situation eine Verweigerung des in der polnischen Verfassung garantierten Rechts auf Nichtdiskriminierung darstellt. Die Verordnung berücksichtigt auch nicht die tatsächlichen Bedürfnisse der Schüler der deutschen Minderheit. Die Schüler haben die Bedingungen verloren, die für die Erhaltung und Entwicklung ihrer kulturellen Identität notwendig sind. Leider wurde die Verordnung bisher noch nicht aus dem Rechtsverkehr gezogen.
Am Vorabend des neuen Jahres, wenn sich unsere Gedanken auf die Zukunft richten, blicken wir oft voller Angst, aber auch voller Hoffnung auf die bevorstehenden Herausforderungen. Für uns als Vertreter der deutschen Minderheit sind die Bildung der Jüngsten und ihre Zukunft in der gegenwärtigen Situation eine Herausforderung von größter Bedeutung. Umso mehr werden wir uns über Ihre Reaktion und das von Ihnen in unsere Richtung klare gesendete Signal freuen. Wir sind auch offen für ein Treffen mit Ihnen, Frau Ministerin, um das dargestellte Problem, aber auch das Problem der Bildung der deutschen Minderheit in Polen im weiteren Sinne gemeinsam zu besprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Rafał Bartek
Vorsitzender
Originelle Form des Schreibens (in polnischer Sprache) ist HIER zu lesen.