Botschaft aus Rom

Botschaft aus Rom

Wir sind daran gewöhnt, dass die Weihnachts- und Neujahrszeit erfüllt ist von Botschaften und Ansprachen. Auch ich wende mich seit Jahren mit einem Neujahrsbrief an die in Polen lebenden Deutschen und versuche, sowohl auf das vergangene Jahr als auch auf die Zukunft einzugehen. Diesmal war es nicht leicht für mich, den Brief zu verfassen, denn während des Schreibens musste ich gegen die Auswirkungen der Krankheit ankämpfen, die so viele Millionen Menschen betroffen und so viele vorzeitig aus dem Leben gerissen hat. Daher empfand ich ganz persönlich die Worte Papst Franziskus´ zum Weltfriedenstag, der alljährlich am 1. Januar begangen wird.

Nationale Minderheiten, und ganz besonders die Deutschen in Polen, erinnern sich an den revolutionären Charakter der Botschaft Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1989 „Um Frieden zu schaffen, Minderheiten achten“. Er schrieb darin, dass „der Friede nicht lediglich darin besteht, dass kein Krieg ist“, wodurch er betonte, dass die Situation von nationalen Minderheiten ohne Rechte auf die eigene Kultur oder Sprache oft ein Zustand des Konfliktes ist, der im Gegensatz zum Friedensgedanken steht. Infolge dieser Botschaft wurde in demselben Jahr in Oberschlesien die erste deutschsprachige Heilige Messe seit dem Kriegsende gelesen.

Wir sind so erfüllt von der Bedeutung des damaligen Dokumentes, dass wir oft vergessen, dass jedes Jahr zum Weltfriedenstag im Vatikan eine neue Reflexion des Papstes zum Thema Frieden entsteht. In diesem Jahr betitelte Franziskus diese so: “Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden“. Er beschreibt, dass für ihn der Ausgangspunkt seiner Rede die Situation in der Welt, in Anbetracht der durch die Covid-19 ausgelöste Krise, ist. Aber durch den Verweis auf die Bibel und die Gesellschaftslehre der Kirche betont er die Verwurzelung des Begriffes „Achtsamkeit“ im Christentum.

Wichtig ist, dass das Grundziel seiner Botschaft das Augenmerk auf die „Förderung der Würde und Rechte der Person“ ist. Franziskus sagt: „Aus dieser Würde leiten sich die Menschenrechte ab, aber auch die Pflichten, die z. B. an die Verantwortung erinnern, die Armen, die Kranken, die Ausgegrenzten, alle unsere ‚Mitmenschen‘ (…) aufzunehmen und ihnen zu helfen“. Diese Förderung der Würde verlangt von uns Solidarität, die uns hilft, „den anderen – sowohl als Person als auch im weiteren Sinne als Volk oder Nation – nicht als einen statistischen Posten zu sehen oder als ein Mittel, das man ausnutzt und dann wegwirft, wenn es nicht mehr nützlich ist, sondern als unseren Nächsten, als einen Weggefährten, der aufgerufen ist, gleichberechtigt mit uns am Festmahl des Lebens teilzunehmen, zu dem alle gleichermaßen von Gott eingeladen sind“.

Wenn wir nicht vergessen, dass sich Minderheitenrechte aus der Definition der Menschenrechte ableiten, sehen wir sofort, dass Franziskus die Gedanken seines Vorgängers aus dem Jahr 1989 weiterführt – und genauer – aus dem Dokument „Gaudium et Spes” des Zweiten Vatikanischen Konzils. Der Kultur stellt er „verschiedene Formen von Nationalismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit“ gegenüber. Ein Satz aus der Botschaft klingt wie deren Zusammenfassung: „Es geht um eine Kultur der Achtsamkeit, darum, die heute oft vorherrschende Kultur der Gleichgültigkeit, des Wegwerfens und der Konfrontation auszumerzen“.  Wir schaden uns, wenn wir bei den Worten Johannes Pauls II. stehen bleiben und dabei vergessen, dass seine Nachfolger, seine Lehre fortführend, dabei gleichwohl die heutige Sprache nutzend, auf der real existierenden Welt basieren und nicht auf deren Gestalt, die vergangen ist. Lesen wir Franziskus. Dies ist auch wichtig im Hinblick auf die Risse bei manch einer Autorität.

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