Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Pilgerinnen und Pilger,
die Zahl, die vor der heutigen Veranstaltung steht – 30. Wallfahrt der Nationalen und Ethnischen Minderheiten zum St. Annaberg – zeigt, wie wichtig und tief verwurzelt dieses Ereignis für uns geworden ist, das wir seit so vielen Jahren pflegen. Jedes Jahr treffen wir uns hier, um im Kreise unserer Familien, Freunde und der Gläubigen zu beten; im Kreise der Menschen, mit denen wir gemeinsame Werte teilen.
Es ist ein schöner Anblick, wenn ganze Generationen, Großeltern, Eltern und Kinder an diesem besonderen Ort zusammenkommen. Dieses religiöse und kulturelle Ereignis bringt uns zusammen, vereint die Familien, stärkt die Verbindungen und baut eine starke Gesellschaft auf. Es stärkt auch unsere Mitglieder in unseren Strukturen.
Wenn starke Mitglieder ihre Kräfte bündeln, können sie gemeinsam viel erreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist das heute gefeierte 35-jährige Bestehen der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien und des DFK der Woiwodschaft Schlesien.
Aus diesem Grund haben Werte eine große Bedeutung. Werte, die wir pflegen und an die nächste Generation weitergeben. Eine der wichtigsten Säulen unserer Identität ist die Sprache. Deshalb legen wir großen Wert auf die Bildung von Kindern und Jugendlichen. Eine besondere Rolle spielen dabei die zweisprachigen Kindergärten, Schulen von Vereinen, die von Mitgliedern der deutschen Minderheit gegründet wurden und die mit viel Engagement und Leidenschaft die Kleinsten bei der Entwicklung ihrer Deutschkenntnisse unterstützen. Wir dürfen aber auch nicht die entscheidende Rolle vergessen, welche die öffentlichen Schulen und Kindergärten spielen, die von lokalen Behörden betrieben werden. Auf diese Schulen werden die meisten unserer Kinder geschickt, und dort lernen sie unter anderem Deutsch als Minderheitensprache. Wir freuen uns, dass gemäß der Entscheidung der Bildungsministerin ab diesem Schuljahr wieder der dreistündige Unterricht Deutsch als Minderheitensprache an diesen Schulen stattfindet und die Diskriminierung damit ein Ende hat. Wir sind uns aber auch dessen bewusst, dass dies noch nicht ausreicht, um das Niveau der Deutschkenntnisse in den Minderheitenregionen wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sein sollte.
Daher möchte ich es betonen und daran erinnern, dass die Organisationen der Minderheit jedes Jahr eine große Vielfalt an Sprachprojekten anbieten, von Sprachkursen und zusätzlichen Deutschunterrichtsstunden bis hin zu interessanten thematischen Initiativen und Ausflügen. Viele Familien sprechen auch Deutsch zu Hause. Laut der Volkszählung im Jahr 2021 verwenden 216 342 Personen die deutsche Sprache bei Haushaltskontakten. Diese Zahl ist im Vergleich zu den Vorjahren um 100 % gestiegen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung, Pflege und Weitergabe der deutschen Sprache an nachfolgende Generationen leistet, sind die heiligen Messen in deutscher Sprache. Allein in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien werden in vielen Pfarreien solche Eucharistien abgehalten, aber wir wissen auch, dass ihre Anzahl immer geringer wird. Sie sind für uns von großer Bedeutung, deshalb appellieren wir, öfter deutschsprachige Gottesdienste abzuhalten.
Glaube, Kraft und Zukunft. Der Glaube an die gleichen Werte, wie den christlichen Glauben, die Kultur, die Tradition und die deutsche Sprache, verbindet uns und gibt uns die Kraft, die Gegenwart zu gestalten. Dieses Erbe geben wir an unsere Kinder weiter, die die Zukunft der Deutschen Minderheit sind. Das sollten wir nicht vergessen.