Symbolische Gewalt

Symbolische Gewalt

Wenn es so sein soll, ist es gut, dass das Datum des neuen, nationalen Gedenktages an die schlesischen Aufstände mit dem deutschen Gedenktag der Opfer von Flucht und Vertreibung zusammenfällt. Sehr symbolisch. Das von allen politischen Optionen einstimmig unterstützte Projekt von Präsident Andrzej Duda wurde als „großer nationaler Konsens“ definiert. Bei der Unterzeichnung des entsprechenden Gesetzes sprach der Präsident vom „Heldentum der Schlesier, die Teil der wiedergeborenen Republik Polen sein, darin leben und arbeiten wollten.“ Und wieder übersehen diese Worte die Tatsache, dass die meisten Schlesier jener Zeit im demokratischen Plebiszit genau das Gegenteil äußerten. 60 % wollten Schlesien nicht zu Polen gehören lassen und die heute verehrten schlesischen Aufstände waren tatsächlich eine geplante, bewaffnete Negation einer demokratischen Entscheidung.

Heute untersucht niemand die Haltung der Schlesier zu den damaligen Ereignissen, einschließlich der Aufstände, aber es gibt eine VdG-Resolution, die zum 100. Jahrestag der Aufstände den Staat auffordert, eine allen Schlesiern gerecht werdende Narration zu verwenden, um auch derer zu gedenken, die bei den Aufständen gefallen sind, weil sie die territoriale Integrität ihrer Heimat verteidigten. Ähnliche Rufe waren aus vielen schlesischen Kreisen zu hören. Es würde genügen, wenn die Idee des Präsidenten den noch immer gültigen Appell von Johannes Paul II. berücksichtigte, dass „dieses Land eine vielfältige Versöhnung braucht“. Ohne dies ist diese Idee Teil der Reihe von symbolischer Gewalt in Schlesien, über die Łukasz Krawętkowski im Jahr 2020 schrieb, dass es sich um „einen Prozess der Bedeutungsauferlegung durch die Regierung handelt, die ein Vertreter privilegierter Gruppen, dominanter sozialer Klassen und anderer soziale Schichten ist. Die von den Behörden auferlegten Bedeutungen beziehen sich in erster Linie auf kulturelle Werte, die einen Wert für die dominierende soziale Klasse darstellen. Diese Werte werden kommuniziert als universell, einzigartig, konkurrenzlos – alternativlos.“

Für uns in Schlesien ist das Gefährlichste, worüber der Autor weiter schreibt und was wir jeden Tag empfinden … das Gefühl einer anderen Identität wird geschwächt, denn: „Personen, die Gewalt ausgesetzt sind, sind sich ihrer Anwendung nicht bewusst. Die unterdrückte Schicht beginnt ihre Situation als normal zu nehmen, auch wenn sie es nie so empfunden hat. (…) Sie resultiert aus der Übernahme der von den herrschenden Schichten auferlegten Wahrnehmung der eigenen Realität. (…) Symbolische Gewalt ist jene Form von Gewalt, die mit unbewusster Beteiligung des Opfers auf dieses einwirkt.“

Das Werkzeug dieser Gewalt ist die Geschichtspolitik, über die Przemysław Mazur schreibt, dass es „nicht nur um die akademische Geschichte geht, sondern um Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen: Bildung, darunter natürlich angemessene Geschichtslehrbücher, Kultur, Kunst und Erinnerungspolitik (durch Gründung besonderer Organisationen, Errichtung von Denkmälern und entsprechende Gestaltung des öffentlichen Raums).“ Nicht mehr, nicht weniger. Vielleicht nur so viel, dass man solche Gedenktage oder das Schlesische Pantheon nicht einmal durch passive Teilnahme unterstützen darf.

Bernard Gaida

 

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