Gedenkort 1921

Gedenkort 1921

Das aus Sicht des Staates wichtigste Datum der Feierlichkeiten zu 100 Jahren Schlesischer Aufstände, also der Jahrestag des Ausbruches des III. Aufstandes, liegt hinter uns. Das Internet ist voll unterschiedlicher Kommentare. Außerhalb der offiziellen Feierlichkeiten, die ich nur als Radioübertragung gehört habe, nahm ich an diesem Tag am Gedenken auf dem Annaberger Friedhof sowie in Kranowitz teil. Ich denke, bei der Bewertung dieses Tages muss man die symbolischen Feiern, die von der deutschen Volksgruppe in Schlesien und die mit Pomp organisierten offiziellen Feierlichkeiten einander gegenüberstellen. Kann man daraus Lehren für die Zukunft ziehen?

Ich schreibe diese Kolumne natürlich aus der Sicht des VdG, dessen Vorsitzender ich bin und der als Organisation bereits im Jahr 2019 an die staatlichen Organe appellierte zu erkennen, dass damals Schlesier sich gegenüberstanden, aber sowohl die einen als auch die anderen taten es aus Liebe zum Vaterland. In unserer Resolution appellierten wir, die Jahrestage im gesellschaftlichen Einvernehmen und mit Achtung für das Geschichtsbewusstsein der anderen Seite zu begehen sowie in Schlesien einen Gedenkort des damaligen Konfliktes zu errichten, der im Geist der regionalen sowie deutsch-polnischen Versöhnung mit europäischer Perspektive gehalten wäre. Der aus der Umgebung von Rosenberg stammende Bischof Andrzej Czaja zeigte sich mit der Resolution solidarisch, was wir dankbar anerkennen.

Doch die Organisatoren der offiziellen Feierlichkeiten haben den Appell der deutschen Minderheit eher nicht angenommen. Unsere Feierlichkeiten fanden daher parallel statt, jedoch nicht nach dem Modell, dass jeder seiner Opfer gedachte. Denn unsere Delegation erwies die gleiche Ehrbezeigung auf den Gräbern der deutschen Verteidiger Oberschlesiens wie der polnischen Aufständischen. Bei den offiziellen Feierlichkeiten nahm der Appell Gestalt an lediglich in Form eines Gebetes für Gefallene ungeachtet ihrer Nationalität, nicht aber als gleiche Ehrerbietung auch für die Haltung der die Integrität Deutschlands verteidigenden Kämpfer. Mit Oberschlesien innerhalb seiner Grenzen.

Diese Tatsache kann man mit Resignation hinnehmen. Man kann aber auch den Weg der eigenen Bestärkung in der deutschen Identität und des historischen Gedächtnisses Oberschlesiens wählen, um von ihr zeugen zu können. Heute gibt uns die Volkszählung die Möglichkeit eines solchen Zeugnisses. Am Sonntag dagegen, als ich im strömenden Regen zwischen denen stand, die ihr Leben hingegeben haben, um Oberschlesien von Deutschland zu trennen, und denen, die wollten, dass es dort bleibt, fühlte ich, dass wir einen Ort des gemeinsamen Gedenkens bauen müssen, den Schlesien nicht hat. Und dass die Deutschen in Schlesien dazu reif geworden sind. Ein symbolischer Ort, der aller Opfern gedenkt, von der Tragik der Teilung, von Versöhnung in Vielfalt und der in regionaler Gemeinschaft für die Zukunft zeugt. Tun wir es!

Bernard Gaida

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