Das Kreuz in Münster

Das Kreuz in Münster Rathaus in Münster / ratusz w Münster. Foto: Pixabay

Der Volkstrauertag ist ein Tag, den wohl jeder mit dem Kreuz verbindet. Auf Soldatenfriedhöfen fallen uns vor allem die Reihen identischer Kreuze ins Auge. In Masuren bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich auf den Friedhöfen des Krieges 1914-1918 zwischen den orthodoxen Kreuzen der russischen Gräber und den „normalen“ Kreuzen der Gräber der deutschen Gefallenen stehe. Dazwischen auf dem zentralen Kreuz die Inschrift: „Freund und Feind im Tode vereint“. Es ist schwer vorstellbar, dass es diese Kreuze dort nicht gäbe.

Das Kreuz ist ein wesentliches Symbol des Christentums, aber auch ein kulturelles Element in Europa. Während der kommunistischen Ära wurden Kämpfe um das Kreuz auch am Arbeitsplatz ausgetragen. In Guttentag z. B. kam es während der Solidarność-Jahre zu einer solchen Auseinandersetzung. Arbeiter einer Möbelfabrik haben ein Kreuz aus Spanplattenabfällen erstellt und Parteifunktionäre haben es wieder zerstört. Das zusammengeklebte Kreuz wurde dann wieder an seinen Platz in der Produktionshalle zurückgebracht. Kreuze hartnäckig aufzuhängen, war Teil des Kampfes für die Freiheit und sie zu zerstören, war ein Zeichen für ein totalitäres System, das keine Freiheit duldete. Nicht alle, die das Kreuz verteidigten, waren gläubig, aber alle wollten die Freiheit. Auch manche Gläubigen protestierten nicht, sondern wurden durch den Druck der Ideologie eingeschüchtert. Das war vor 40 Jahren.

Kürzlich trafen sich die G7-Außenminister in Münster im historischen Rathaussaal, in dem im Oktober 1648 der Westfälische Frieden zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges unterzeichnet wurde. Jahrhundertelang legten die Stadtverordneten hier den Amtseid auf das Kreuz ab, das von 1540 bis zum 4. November 2022 ununterbrochen dort stand, bis es für das G7-Treffen entfernt wurde. Die G7-Gruppe setzt sich aus den USA, Frankreich, Japan, Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Italien und Kanada zusammen und wird durch Vertreter der EU erweitert.

Der Bürgermeister berichtet, dass das Kreuz auf Bitten des Auswärtigen Amtes entfernt wurde, während der Raum an die Anforderungen des Gipfels angepasst wurde. Einerseits ist es gut, dass Ministerin Baerbock, wie der Bürgermeister sagt, post factum von der Angelegenheit erfahren hat. Andererseits beweist ihre Unkenntnis, dass das Kreuz für jemanden im Außenministerium genauso unwichtig war wie der Austausch des Teppichs, der ebenfalls entfernt wurde. Die Ministerin bedauert, dass dies geschehen ist.  Es ist auch unklar, warum das Kreuz tatsächlich entfernt wurde. Ging es darum, die Gefühle von Andersgläubigen oder der deutschen Gastgeber nicht zu verletzen? Es bleibt Tatsache, dass ein Symbol, das vor Jahren von untergegangenen Totalitarismen verdrängt und von Freiheitskämpfern verteidigt wurde, heute wieder entfernt wird, weil religiöse Symbole nicht so sehr Andersdenkende als Ideologen irritieren!

Bernard Gaida

 

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