Als ich mich an diese Kolumne einen Tag nach dem von der UNESCO initiierten Tag der Muttersprache machte, schaute ich auf den Facebook-Verlauf der vergangenen Tage. Wir haben uns mit dem Stand des Deutschunterrichts als Muttersprache beschäftigt, die ja Trägerin der Identität ist. Der Grund dafür war zu wiederholen, dass so lange Zeit nach der von Polen ratifizierten Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen im Jahr 2009 die Regierung keinen ambitionierten Plan zur Gründung von Schulen mit Deutsch als Unterrichtssprache hatte und es auch in den weiteren Jahren keine Spur solcher Initiativen gab. Vor dem Hintergrund jahrelanger Vernachlässigungen in diesem Bereich „verdammt“ die Ablehnung der Europäischen Bürgerinitiative Minority SafePack die nationalen Minderheiten in Polen und einigen anderen Ländern zum weiteren Stillstand.
Doch es ist auf der anderen Seite schwierig, die jetzige Situation der deutschen Sprache mit der Zeit der Volksrepublik Polen zu vergleichen, als das Lehren und Lernen und sogar der Gebrauch der deutschen Sprache in Schlesien verboten gewesen ist, gleichzeitig in anderen Teilen des Landes in den Oberschulen der Deutschunterricht bevorzugt wurde… mehr noch als das Englische. Wir haben gezeigt, dass es trotz fehlender Schulen mit Deutsch als Unterrichtsprache junge Menschen gibt, die trotz weniger Deutschstunden wöchentlich, diese Sprache gebrauchen können, was gut im Videobeitrag des Wochenblatt.pl über Julia Chrobok zu sehen ist. Gesprochen und… gesungen. Das hängt also von der individuellen Liebe zur deutschen Sprache. In dieser Zeitung wurde auch die unverständliche Situation im Innenministeriums beschrieben, wo es zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen von vier Gemeinden auf zweisprachige, deutsch-polnische Ortsschilder kommt. Gut, dass die Zeitung daran erinnert nach dem kuriosen Angriff des Abgeordneten (aber nicht mehr Staatssekretär) Janusz Kowalski auf zweisprachige Schilder an den Bahnstationen in der Gemeinde Chronstau.
Ist also die Situation der deutschen Sprache in einem Land, das internationale Abkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und deren Sprache ratifiziert hatte, gut? Ich denke, es liegt noch ein weiter Weg zur Zufriedenheit vor uns, wenn bei den Feierlichkeiten am Samstag in Laband zum Gedenken der Deportationen der Deutschen aus Schlesien zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion bei der zweisprachigen Messe während der Predigt jemand laut ruft, dass hier Polen sei und man nur auf Polnisch beten dürfe. Mein Medikament gegen schlechtes Befinden nach dieser Situation war ein Gespräch mit einem jungen, engagierten und sehr gut deutsch sprechenden Mitglied der Minderheit aus Rybnik, aber auch … mit meiner eigenen Enkelin. Sie hörte dem Opa zu, als er davon erzählte, dass Guttentag früher in Deutschland lag und hier alle einmal Deutsch gesprochen haben und antwortete nach einer kurzen Überlegung: „Ah… Deshalb spreche auch ich Deutsch“.
Bernard Gaida