Nach dem Bericht von der Männerwallfahrt am Sonntag nach Deutsch Piekar bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Minderheitenwallfahrt auf den St. Annaberg die schlesischste aller schlesischen Wallfahrten ist. Einerseits, weil sich da die Schlesier versammeln, für die das Maß ihres Schlesiertums die Verbindung zu deutschen Kultur, Sprache und der Tradition ist. Andererseits, weil auf dem St. Annaberg die Achtung jeder schlesischen Identität fast immer Standard gewesen ist.
Es gab Zeiten, da fand jede größere Wallfahrt hierher zweimal statt, einmal auf Deutsch und einmal auf Polnisch. Dies führte dazu, dass ein Angriff auf jedwede Nationalität von der Kanzel aus unmöglich gewesen ist. Ich hoffe, das bleibt so und Worte, wie die von Erzbischof Wiktor Skworc aus Kattowitz, der sich beim Ölkonzern PKN Orlen bedankte für den Kauf der lokalen Presse und dabei unterstrich, dass dies aus Händen des „deutschen Kapitals“ geschehen ist, hier nie fallen werden. Dies würde dem „Berg des zuversichtlichen Gebets“ seine Heiligkeit nehmen.
Ich weiß nicht, wie viele Pilger in Deutsch Piekar weiterhin zuversichtlich beten konnten nach der Predigt des Erzbischofs, in der die Feindseligkeit gegenüber dem „deutschen Kapital“ so unterstrichen wurde. Ein Paradox oder eher ein Skandal war dabei die Tatsache, dass diese Worte in Schlesien gefallen sind, wo jedes Stückchen Erde Spuren deutscher Arbeitsamkeit trägt und ihr jahrhundertelanger Glanz entstand und das deutsche Kapital begründete. Sie baute auch die schlesische Religiosität.
Es kann jemand sagen, dass die Transaktion von Orlen rein wirtschaftlichen Charakter hatte -und nur in diesem Kontext fielen die Worte des Erzbischofs. Und doch fühlen wir, dass hinter diesen Worten der Unwille gegenüber einem konkreten Kapital steckt, weil es deutsch ist. Wir fühlen es, weil wir schon die Idee des sog. Oberschlesischen Pantheons kennen, dass Erzbischof Wiktor Skworc auf Bestellung der Regierung in den Katakomben des Kattowitzer Doms baut. Ein Pantheon, das Hunderte von verdienten Schlesiern übergeht, nur weil sie sich deutsch fühlten und Deutsche waren. Das passt sehr gut zu den Worten, die in Piekar fielen.
Und zum Schluss einige Worte des Bedauern eines schlesischen Katholiken, der Verlegenheit und Scham fühlt, dass eine private Meinung, ohne Verbindung zum sonntäglichen Hochfest der Heiligen Dreifaltigkeit, von der Kanzel fiel. Eine nicht dem Geist des Evangeliums entstammende Meinung, die der Allgemeinheit, also dem katholischen Geist der Kirche entgegensteht, aber auch vielen Diözesanmitgliedern wehgetan hat. Den einen, weil sie sich mit dem Deutschsein verbunden fühlen, den anderen, weil sie die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien für ein wertvolles Gut der Demokratie halten. Ich lade zum 6. Juni auf den Annaberg ein. Unser Motto: Versöhnung, Freiheit, Erneuerung. Erlangen wir die Zuversicht neu.
Bernard Gaida