Die letzten rund ein Dutzend Tage verliefen zwischen Berlin, Straßburg und Prag. Trotz der Entfernung, die diese Städte trennt, waren sie durch eine Reihe von Ereignissen verbunden, die einen roten Faden hatten.
In Berlin fand der 66. FUEN-Kongress statt, der mit Vertretern vieler nationaler und ethnischer Minderheiten nicht nur die Probleme einiger von ihnen behandelte, sondern auch sein Präsidium für die nächste Amtszeit wählte. Als Ergebnis dieser Wahlen wurde ich Mitglied des Präsidiums dieser Organisation und habe in dieser Funktion für die Resolution gegen die Einschränkung des Deutschunterrichts und die Diskriminierung der deutschen Minderheit in Polen gestimmt.
Nur wenige Tage später habe ich als Teil der VdG-Delegation im Europaparlament in Straßburg beim Minderheitenintergroup-Treffen vor interessierten Parlamentariern das Ausmaß und die Brutalität dieser Diskriminierung von rund 50.000 Schülern dargestellt und darauf hingewiesen, dass, wenn die polnische Regierung ihre Bürger ignoriert, der Dialog und ein Handeln auf europäischer Ebene umso wichtiger werden. Ich betonte, dass diese beispiellose Ignoranz auch andere nationale Minderheiten betrifft, deren Vertreter sich im Angesicht dieses Angriffs auf die Rechte der deutschen Minderheit vor ähnlichen Schritten gegen sich selbst nicht sicher fühlen können und daher aus Solidarität ihre Arbeit in der Gemeinsamen Kommission der Regierung und der Minderheiten ausgesetzt haben. Ich war froh, dass nach Rafał Barteks Rede, in der er Schritt für Schritt das Verhalten der polnischen Regierung gegenüber der deutschen Minderheit aufgezeigt hatte, der Vorsitzende dieser Gruppe von Parlamentariern, François Alfonsi, empört über diese beispiellose Diskriminierung, eine schriftliche Anfrage der Gruppe an die Europäische Kommission deklarierte, damit die VdG-Klage gegen die polnische Regierung dringend angegangen werde.
Obwohl für uns die Anzahl der persönlich im Saal anwesenden Abgeordneten nicht zufriedenstellend sein konnte, waren wir sehr erfreut über die Anwesenheit von Waldemar Tomaszewski, einem litauischen Abgeordneten des Wahlbündnisses der Polen in Litauen, der unsere Gegenwehr gegen die Aktionen der polnischen Regierung voll unterstützt.
Von Straßburg aus reiste ich mit Freude nach Prag zu einer kulturellen Veranstaltung der deutschen Minderheit in Tschechien, verbunden mit der Feier des 30-jährigen Jubiläums ihres Dachverbandes. Die Rede des deutschen Botschafters, Andreas Künne, war eine diplomatische Meisterleistung, über deren Ausbleiben ich vor einer Woche in Bezug auf den polnischen Minister Zbigniew Rau geschrieben habe. Der Botschafter lobte zwar die vielen positiven Seiten der tschechischen Politik gegenüber der deutschen Minderheit, was indirekt durch die Zunahme der Zahl der Menschen belegt wird, die bei der Volkszählung die deutsche Nationalität angegeben haben. Gleichzeitig zitierte er aber das Sprichwort „das Bessere ist des Guten Feind“ und kritisierte das Verschweigen der Vertreibung im öffentlichen Raum und in Schulbüchern, die fehlende Zustimmung für zweisprachige Ortstafeln und den fehlenden Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache zusätzlich zum Erlernen als Fremdsprache.
Solche Defizite zwingen Repräsentanten dazu, auf politischem Parkett zu agieren, beweisen aber gleichzeitig, dass die Vermittlung von Identität in unseren Häusern durch nichts zu ersetzen ist.
Bernard Gaida