Den Verordnungen zum Trotz: Wie die deutsche Sprache unterstützt werden kann

Den Verordnungen zum Trotz: Wie die deutsche Sprache unterstützt werden kann Foto: Joanna Hassa

Infolge der Verordnung des polnischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft vom 4. Februar 2022 lernen die Kinder, die am Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache teilnehmen, – anstatt wie bis dahin von drei – lediglich eine Stunde pro Woche. Die umstrittene und diskriminierende Entscheidung des polnischen Bildungsministers Przemysław Czarnek, die zwei Unterrichtsstunden vom Lehrplan nur einer der in Polen lebenden Minderheiten zu streichen, hat mehrere Proteste verschiedener Kreise ausgelöst. Die Verordnung blieb aber unverändert und trat am 1. September 2022 in Kraft. Ein Teil der Gemeinden hat sich entschieden, Deutschstunden dazuzugeben. Außerdem bereitet die deutsche Minderheit das Angebot der außerschulischen Sprachprojekte noch weiter aus.

„Es sind insgesamt 48 920 Kinder und Jugendliche, die von den Kürzungen betroffen werden“, deutet Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, Rafał Bartek, das Ausmaß des Problems und weis auf die genauen Informationen hin, die das Ministerium für Bildung und Wissenschaft für das Schuljahr 2021/2022 veröffentlicht hat. Allein in der Woiwodschaft Oppeln nahmen im letzten Schuljahr am Unterricht Deutsch als Minderheitensprache 22 013 Schüler teil, gefolgt von 20 301 Schülern in der Woiwodschaft Schlesien, 2 154 in Ermland und Masuren und 4 452 in sonstigen Regionen. All diese Kinder und Jugendliche sollen seit dem 1. September lediglich an einer Deutschstunde pro Woche teilnehmen, wobei die Anzahl der Unterrichtsstunden der Minderheitensprache bei sonstigen Minderheiten unverändert geblieben ist. Und es ist genau die Sprache, die eines der wichtigsten Träger der Identität einer Gemeinschaft ist und eine von meist praktischen Kompetenzen, die für die Zukunft des jungen Menschen von großer Bedeutung ist.

„Die Perspektiven der jungen Menschen und die zukünftige Wirtschaftssituation vieler Regionen gehen im großen Maße aus den heutigen Bildungsmöglichkeiten hervor“, sagt VdG-Vorsitzender bei der Pressekonferenz. Dabei erinnert er an die Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft und Entwicklung vom 25. Februar 2022, in der die Rolle der entsprechenden Sprachkenntnisse bei der Suche nach guten Arbeitsplätzen hervorgehoben wurde. Dort lesen wir: „Durch die starke Einbettung der polnischen Unternehmen in der deutschen Geschäftsrealität, insbesondere auf dem Gebiet Westpolens, ist die Kenntnisse der deutschen Sprache durch das Personal ein wesentlicher Vorteil der polnischen Firmen“.

Sich dessen bewusst sind auch viele Gemeinden, in denen Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet wird. Als Antwort auf die aktuelle Situation haben einige sich dazu entschieden, die Kosten des Deutschunterrichts aus Gemeindemitteln zu decken. Laut der vom Verband der deutschen Gesellschaften durchgeführten Umfrage sind es 35 von 54 Gemeinden in der Woiwodschaft Oppeln; 18 davon finanzieren zwei zusätzliche Stunden: Chronstau, Leschnitz, Krappitz, Ujest, Colonnowska, Gogolin, Reinschdorf, Wilkau, Murow, Groß Neukirch, Carlsruhe, Poppelau, Walzen, Himmelwitz, Dambrau, Groß Lassowitz, Malapane, Proskau. Weitere 17 Gemeinden decken die Kosten von einer zusätzlichen  Deutschstunde: Birawa, Radlau, Stubendorf, Groß Döbern, Zawadzki, Deschowitz, Lamsdorf, Czissek, Groß Strehlitz, Lugnian, Guttentag, Zembowitz, Turawa, Comprachtschütz, Oberglogau, Landsberg und Tarnau (Stand für 2. September 2022).

Auch in anderen Woiwodschaften unterstützen einige Gemeinden den Deutschunterricht. In der Woiwodschaft Schlesien finanzieren ihn 4 von den 60 Gemeinden (zwei Stunden in der Gemeinde Tost sowie eine Stunde in Gleiwitz, Hindenburg, Groß Peterwitz); in der Woiwodschaft Ermland-Masuren dagegen eine: Sensburg. „Auch weitere Gemeinden können das noch tun“, sagt VdG-Vorsitzender Rafał Bartek.

In dieser für die deutsche Sprache kritischen Situation ist die Bemühung, in den Kreisen der deutschen Minderheit die Sprache und Kultur aufrechtzuerhalten und zu beleben, nicht zu unterschätzen. So weist der Direktor des Hauses für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit Lucjan Dzumla darauf hin, was für welche Möglichkeiten die Organisationen der deutschen Minderheit im Bereich Sprache anbieten: Projekte wie an die Kinder gerichtete Projekte Samstagskurs und Bilingua, deutsche Jugendclubs, LernRAUM.pl mit einem ausgebauten Kursangebot für Erwachsene; darüber hinaus zahlreiche Wettbewerbe und vieles mehr. „Es ist die ganze Reihe von kleineren und größeren Projekten, die sowohl an die Kinder, Jugendliche wie Erwachsene gerichtet werden und an unserer Bildungsplattform www.supereule.pl gesammelt sind“, ergänzt Rafał Bartek und sagt zum Schluss: „Jeder ist eingeladen, dieses Sprachangebot zu nutzen; wir freuen uns und hoffen auch auf jegliche Unterstützung der Unternehmen und Privatpersonen, die uns über unsere Internetseite www.vdg.pl kontaktieren und unsere Arbeit unterstützen möchten; denn jeder finanzieller Beitrag hat für uns einen großen Wert und ermöglicht uns, dieses Sprachangebot aufrechtzuerhalten und weiter zu entwickeln“.

Während der Pressekonferenz wurden folgende Materialien verwendet:

 

 

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